20.03.2019 Leipziger Buchmesse

Ahoj Leipzig!“ – Gastland Tschechien eröffnet Buchmesseprogramm

Mit dem ersten Buchmessetag am Donnerstag startet auch das tschechische Gastland-Programm, das mit 55 Autorinnen und Autoren und insgesamt rund 130 Veranstaltungen Interessierte und Freunde der tschechischen Literatur in Atem halten wird.

Zentrum des Messe-Auftritts ist der Tschechische Nationalstand, Halle 4 D401, entworfen von dem Architekten und Designer Martin Hrdina. Inspiriert durch das Motto des Gastlandauftritts „Ahoj Leipzig" hat Hrdina die visuelle Grundidee eines Schiffes umgesetzt, mit Segeln und Kapitänsbrücke, das ein Bücher-Meer durchstreift. Die Farbgebung des Standes knüpft eine Verbindung zwischen Tschechien, Deutschland und der Leipziger Buchmesse und ist durch vier Hauptfarben geprägt: schwarz wie die Textfarbe in einem Buch, rot, blau und gelb wie die Farben der Tschechischen Republik und darin auch der Bundesrepublik Deutschland. Einen weiteren tschechischen Stand gibt es für Kinder-, Jugend- und Comic-Literatur, Halle 2 H 301.

Feierlich eröffnet wird der Tschechische Nationalstand am Messe-Donnerstag um 12 Uhr unter Anwesenheit des Kulturministers der Tschechischen Republik Antonín Staněk, des Direktors der Leipziger Buchmesse Oliver Zille, des Leiters des tschechischen Gastlandauftritts Tomáš Kubíček sowie von Vertretern der Stadt Brünn und tschechischen Autorinnen und Autoren.

Hommage an Milan Kundera

Blickfang des tschechischen Standes ist eine von Tomáš Kubíček konzipierte Ausstellung über Milan Kundera. Der große tschechische Romancier wurde 1968 zu einer Galionsfigur des politischen Widerstands. 1975 ging er ins Exil nach Frankreich, wo er seither lebt und publiziert. Am 1. April 2019 wird Milan Kundera 90 Jahre alt. Die Ausstellung ist konzipiert als Bild- und Textcollage: mit Titelillustrationen seiner weltweit übersetzten Bücher, mit Autorenportraits verschiedener Epochen, eigenen Zeichnungen und Zitaten sowie redigierten und handschriftlich verfassten Manuskriptseiten, die seinen Schaffensprozess dokumentieren.

Tagesaktuelle tschechische Messezeitung

Besucher des Tschechischen Nationalstandes erwartet neben der Kundera-Ausstellung und einer Arena mit zahlreichen Buchvorstellungen und Gesprächen der Lesegenuss einer täglichen tschechischen Messezeitung: An jedem Buchmessetag erscheint eine neue Ausgabe, die das aktuelle Messe-Programm vorstellt, begleitet von Artikeln über tschechische Autorinnen und Autoren und ihre Neuerscheinungen sowie kulturpolitische Essays namhafter Publizisten und Intellektueller.

Leitmotiv 1989

Der Fall der Mauer bedeutete eine radikale Wende für die tschechische Literaturszene, insofern nun der intellektuelle Austausch über die Grenzen hinweg möglich war, der Zugang zu Büchern unbegrenzt und für alle offen. In Leipzig, 30 Jahre später, erinnert daran die Skulptur „Quo Vadis" von David Černý. Gleich am Eingang der Messe – kurz vor der Begegnung mit der großen Bücherwelt – steht der Trabi auf vier Beinen, dem Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig entliehen. Die Skulptur ist ein Symbol für die Verbindung der Städte Leipzig und Prag, indem sie die Ausreise der damaligen Botschaftsflüchtlinge visualisiert und die Ereignisse in Mittel- und Osteuropa nach 89 zitiert – ein Thema, das im Mittelpunkt zahlreicher Veranstaltungen des tschechischen Gastland-Auftritts steht.

Tschechische Literatur, Musik, Film und Fotografie in Leipzigs Innenstadt

Auch in Leipzigs Innenstadt wird Interessierten aller Genres – Poesie, Roman, Sachbuch, Comic, Graphic Novel, Kinder- und Jugendliteratur, Film, Theater, Musik und Fotografie – ein reiches Programm geboten. Bereits Mittwochabend tritt Jaroslav Rudiš mit der Kafka-Band in der Schaubühne Lindenfels auf. Zudem läuft dort während der Messetage die Filmreihe „Tschechische Meister“, am Donnerstag, 21.15 Uhr, mit der Literaturverfilmung „Krakatit“ nach Karel Čapek und am Sonntag, 19 Uhr, mit „Der brave Soldat Schwejk“ nach Jaroslav Hašek.

Einen herausragenden Eindruck tschechischer Fotografie gibt die Leipziger Stadtbibliothek mit der Foto-Ausstellung „Gesichter der tschechischen Literatur“ von Karel Cudlín. Der mehrfach preisgekrönte ehemalige Fotograf Václav Havels hat beeindruckende Bilder zeitgenössischer tschechischer Literaten eingefangen, Gesichter von melancholischer Schönheit, vorgestellt im Wechsel mit Fotos von Menschen in Grenzsituationen – Roma, Flüchtlinge und Soldaten. „ZIRKUS in der Druckerei – Tschechische Avantgardebuchkunst“ heißt die Ausstellung im Deutschen Buch- und Schriftmuseum, durch die Kuratorin Anne Hultsch am 22. März um 10 Uhr und am 23. März um 16 Uhr führt.

Zentren der literarischen Veranstaltungen mit tschechischen Autorinnen und Autoren und ihren Übersetzern sowie deutschen Kollegen sind das Café Telegraph, die Diskothek der Schaubühne Lindenfels, die Galerie KUB, die Leipziger Stadtbibliothek und das UT Connewitz. Ein Highlight wird zudem in der Kunsthalle der Sparkasse zu erleben sein: Hier tritt am 23. März, 19 Uhr Tomáš Sedláček, Chefökonom der größten tschechischen Bank und Mitglied des Nationalen Wirtschaftsrats in Prag, zum Thema „Die Dämonen des Kapitals“ auf. In seinem gleichnamigen Buch zeigt er klug und mit Esprit, dass unser Wirtschaftssystem zutiefst gestört ist. Denn die Wirtschaft funktioniert nicht nach den Gesetzen der Logik, sondern spiegelt vielmehr die persönliche Verfassung ihrer Akteure.

Weiterführende Informationen

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