Lesung und Gespräch mit dem Autor und dem Übersetzer
Beschreibung
Das Leben in einem Wohnblock, einem dieser Meisterwerke von strenger Schönheit in spätkommunistischer Zeit, ist eine wahre Metapher für die Existenz des modernen Menschen. In diesem Zentrum des Universums, im obersten Stockwerk – wo der Himmel und der Kakao die nächsten Nachbarn sind – lebt Tadeusz. Expeditionen sind für den Jungen nicht einfach, muss man doch lange Korridore durchqueren, die dunkel sind, weil die Gauner ständig die Glühbirnen herausschrauben. Wie soll man da allein durch diese Akropolis aus Beton kommen, wenn verborgene Götter auf dich warten …
Tomasz Różycki Geboren 1970 in Opole, wo er lebt und arbeitet, ist Dichter, Essayist, Schriftsteller und Übersetzer aus dem Französischen. Zahlreiche Gedichtbände, zwei Romane, mehrere Essaysammlungen. In der edition.fotoTAPETA erschienen sein Roman Bestiarium in der Übersetzung von Marlena Breuer und die Gedichtsammlungen Der Kerl, der sich die Welt gekauft hat und Kolonien sowie der Essay Über die Farben. Berliner Notizen, jeweils übersetzt von Bernhard Hartmann. Różycki wurde für seine Arbeit vielfach ausgezeichnet.
Tomasz Różycki Feuerprobe Die trügerische Kartographie Europas In Feuerprobe setzt Tomasz Różycki sich grundlegend mit der heutigen europäischen Identität auseinander – in einer faszinierenden, fließenden poetischen, mitunter philosophischen Prosa, die immer wieder an die große walisische Welt-Autorin Jan Morris denken läßt. Zentrale Metapher des Buches ist die Landkarte, die immer schon falsch oder irreführend ist, weil sie die Wirklichkeit in abstrakte Kategorien und willkürliche Grenzen zwängt. Różycki interessieren die – oft vergessenen – Orte jenseits der etablierten Kategorisierungen und Grenzziehungen. Dort sucht und findet er Erkenntnis; das Reisen ist ihm Lebensbedingung. Dabei geht es nicht nur um geographische Orte – wie seine ehemals deutsche, heute polnische Geburtsstadt Opole oder das einst polnische, heute ukrainische Heimatdorf seiner nach dem Zweiten Weltkrieg nach Schlesien zwangsumgesiedelten Großmutter – sondern auch um die Topoi der europäischen Literatur, Kunst und Musik von der griechischen Antike bis in unsere Zeit. Souverän und scharfsinnig bewegt er sich durch Geschichte und Tradition der europäischen Kultur, deren Themen, Motiven und Codes er gegen den Strich bürstet und mit neuen Bedeutungen auflädt. Różyckis Europa erstreckt sich von von Lissabon und Paris bis Lemberg und Sofia und darüber hinaus. Es ist bevölkert von Figuren wie Homer, Dante und Cervantes, Bruno Schulz, Witkacy und Debora Vogel, Zbigniew Herbert und Czesław Miłosz, Gogol und Juri Andruchowytsch, Proust und Rilke, Ariost und Aristoteles, Fernando Pessoa und Franz Kafka. In seinen Lektüren, Reisen und Begegnungen entwirft er Europa als zeitliche und geographische Grenzen übergreifenden kulturellen Raum, als Dialog der Texte und – individuellen und kollektiven – Erfahrungen. Dabei richtet er seinen Blick auch auf Katastrophen und Konflikte, die die Geschichte des Kontinents bis heute prägen, insbesondere in Polen und der Ukraine.