27. - 30. März 2025 Leipziger Buchmesse
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Ein Mensch ist ein Mensch, weil er sich erinnert

Jenny Erpenbeck im Gespräch mit der Literaturprofessorin Anke Biendarra und Julia Schöll

16:00 - 16:30 Uhr Do. 27. März
Veranstalter: edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co. KG

Kurzbeschreibung

Als Jenny Erpenbeck am 21. Mai 2024 in London der International Booker Prize für den Roman „Kairos“ (2021) verliehen wurde, waren die Feuilletons sich darübereinig, dass sie als „Deutschlands international renommierteste Schriftstellerin“ diesen wichtigen Preis zweifelsohne verdient habe. In unserem Gespräch möchten wir mit der Autorin über ihren Erfolg und die Reaktion der Literaturkritik auf ihr Werk, vor allemaber über historisches Erzählen sprechen.

Jenny Erpenbeck setzt sich in ihren Werken intensiv mit historischen Themen auseinander und begreift Geschichte als Erfundenes und Gefundenes zugleich. In ihren gründlich recherchierten Romanen verknüpftsie individuelle Lebensgeschichten mit den großen historischen Umbrüchen sowohl der deutschen als auch der europäischen Geschichte. Gleichzeitig reflektiert ihre vielschichtige Erzählweise die metahistorischen und metafiktionalen Bedingungen ihrer Prosa.

In Romanen wie „Heimsuchung“ (2008), „Aller Tage Abend“ (2012) oder „Kairos“ (2021) erzählt die Autorin von den Spuren, die Geschichte in persönlichen Schicksalen hinterlässt. Ihre poetische Sprachesetzt bewusste Leerstellen, die auf historische Brüche und Kontinuitäten verweisen. Erpenbecks Werk verdeutlicht, dass Geschichte nicht nur in offiziellen Erzählungen existiert, sondern in den Erinnerungen und Erfahrungen einzelner Menschen fortwirkt. Damitsteht sie in der Tradition einer literarischen Erinnerungskultur, die Vergangenheit nicht nur rekonstruiert, sondern auch reflektiert, hinterfragt und emotional erfahrbar macht.

Beschreibung

Jenny Erpenbecks historische Literatur begreift Geschichte als Erfundenes und Gefundenes zugleich. Sie fußt auf gründlicher Recherche und erzählt indes sehr viel mehr als das, was in Geschichtsbüchern oder Archiven zu finden ist. Ihre Romane stellen Geschichte dar und reflektieren zugleich über die metahistorischen und metafiktionalen Bedingungen ihrer eigenen Entstehung.
Die „Geschichte vom alten Kind“ erzählt DDR-Historie als eine Art Versuchsanordnung, und als solche lässt sich auch der Roman „Heimsuchung“ verstehen, doch wechselt Erpenbeck nun sowohl die Perspektive als auch die narrative Form. Spielte sie in ihrem Debüt das Verhältnis von Individuum und System anhand der Institution des Kinderheims durch, liegt der Fokus nun auf dem Raum selbst: einem Grundstück mit Haus und Seezugang, dessen wechselnde Bewohner im Lauf der Geschichte ein- und wieder ausziehen – Menschen kommen und gehen, der Ort hingegen bleibt sich letztlich gleich.

Als Jenny Erpenbeck am 21. Mai 2024 in London der International Booker Prize für ihren Roman „Kairos“ verliehen wurde – 50 000 britische Pfund, die sie sich mit ihrem Übersetzer Michael Hoffmann teilte –, berichteten die deutsch- und englischsprachigen Feuilletons gleichermaßen begeistert von „dieser Oscar-Zeremonie der Weltliteratur“ und waren sich darüber einig, dass Erpenbeck als „Deutschlands international renommierteste Schriftstellerin“ den Preis zweifelsohne verdient habe. Abgesehen von der inhaltlichen Kritik am Roman – und für unseren Kontext wichtiger – führte die Verleihung dieses international wichtigsten Literaturpreises alsbald zu einer grundsätzlichen Diskussion darüber, warum Erpenbeck in Deutschland bisher zwar mit vielen Auszeichnungen, aber nicht mit einem publikumswirksamen Preis wie dem Deutschen Buchpreis oder dem Preis der Leipziger Buchmesse bedacht worden sei. Die Kritiker mutmaßten, angesichts der anerkannten literarischen Qualität ihrer Texte müsse es wohl damit zu tun haben, dass in den Feuilletons und Preisjurys zu wenige Ostdeutsche säßen. Sie nahmen damit eine Vermutung auf, die auch Erpenbeck, die sich selbst als „olle Ostlerin mit kommunistischen Großeltern“ bezeichnet, mehrfach geäußert hatte

Mitwirkende

Informationen zum Programm

Veranstaltungsort

Leseinsel Junge Verlage  (Halle 5, Stand G200)

Aussteller

Leipziger Buchmesse
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