06.03.2024 Leipziger Buchmesse

TRADUKI auf der Leipziger Buchmesse: „Poesie der Unzugehörigkeit“

Autor:innen aus mehr als zehn Ländern zeigen die kulturelle Vielfalt Südosteuropas | Die Balkan Film Week läuft ab 04. März im UT Connewitz

„Poesie der Unzugehörigkeit“ unter diesem Motto widmet sich das diesjährige TRADUKI-Programm der Leipziger Buchmesse der Literatur Südosteuropas. Mit zwei Diskussionen auf dem prominenten Café Europa zu politischen und kulturellen Themen sowie 17 Veranstaltungen auf der eigenen Bühne, der TRADUKI-Kafana (Halle 4/D403), bringt das multinationale Literaturnetzwerk TRADUKI viel Südosteuropa nach Leipzig. In der Gemeinschaftspräsentation sind mehr als 40 Autor:innen aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Montenegro, Nordmazedonien, Rumänien, Serbien und Slowenien zu erleben, darunter Zoltán Danyi, Aleksandar Hemon, Nataša Kramberger, Nikola Madjirov, Bojan Savić Ostojić und Tatiana Țîbuleac. Schon im Vorfeld der Buchmesse – ab dem 04. März – stimmt die Balkan Film Week im UT Connewitz cineastisch auf Südosteuropa ein.

Die bereits sechste Balkan Film Week wird vom 4. bis 7. März 2024 stattfinden. An vier Tagen wird TRADUKI Filme präsentieren, die sich mit dem Thema „Resilienz“ beschäftigen. Das von Marija Katalinić kuratierte Programm beinhaltet u.a. den Eröffnungsfilm „Between Revolutions“ von Vlad Petri (FIPRESCI-Preis der Berlinale 2023) und „Kangë e Defa: Female Rhapsody in Kosovo“ (Regie: Vincent Moon & Fatime Kosumi). Die Balkan Film Week ist wie in den Vorjahren eine filmische „Einführung“ in das TRADUKI-Programm auf der Leipziger Buchmesse. Es lassen sich aber auch Anknüpfungspunkte zu früheren literarischen Programmen finden: „Between Revolutions“ wurde von Lavinia Braniște mitgeschrieben, die bereits mehrfach Teil des TRADUKI-Programms war, und Fatime Kosumi, die bei „Kangë e Defa: Female Rhapsody in Kosovo“ Regie geführt hat, ist besser bekannt als ANDRRA, der musikalische Act der Balkannacht im Jahr 2019.

Das detaillierte Filmprogramm gibt es unter: https://traduki.eu/bfw24/ .

Rund 20 TRADUKI-Veranstaltungen im Rahmen der Leipziger Buchmesse

An den Buchmessetagen bietet das TRADUKI-Netzwerk eine Vielzahl literarischer und politischer Veranstaltungs-Highlights. Unter den Autor:innen finden sich Prominente wie die letztjährige Outstanding Artist Award für Literatur-Preisträgerin Barbi Marković, die für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik nominiert ist, dem auf Englisch schreibenden Schriftsteller Aleksandar Hemon und die zwei starken weiblichen Positionen Nataša Kramberger und Antonela Marušić. TRADUKI bietet aber unter dem programmatischen Titel „Poesie der Unzugehörigkeit“ auch zahlreiche literarische Neuentdeckungen. Für den Titel des Programms hat sich TRADUKI beim nordmazedonischen Dichter Nikola Madjirov inspirieren lassen. Dessen poetisch-philosophischer Essay (Ü: Alexander Sitzmann, Sinn und Form 2024) handelt von der „Unzugehörigkeit“, diesem Gefühl, das oft – weit über das Schreiben hinaus – ins ‚echte‘ Leben hineinreicht. „Unzugehörigkeit“ ist kein Spezifikum allein südosteuropäischer Autoren, vielmehr kennen die allermeisten Menschen eine vergleichbare Erfahrung: Schmerzhaft kann es sein, wenn man zu den ‚Seinen‘ – wer auch immer diese sein mögen und wer auch immer damit gemeint ist – auf Distanz geht, sich eine Distanz dazwischendrängt oder eine Nähe gar nie bestand.

HIGHLIGHTS aus dem TRADUKI-Programm der Leipziger Buchmesse 2024

Donnerstag, 21. März 2024, 15.00 Uhr, TRADUKI Kafana (Halle 4, D403)
Austrocknen. Janko Polić Kamov neu entdeckt
Mit: Brigitte Döbert, Sebastian Guggolz, Miranda Jakiša
Moderation: Jörg Plath
Posthum veröffentlicht, beschreibt Janko Polić Kamov (1886–1910) in „Austrocknen“ (Ü: Brigitte Döbert, Guggolz) – poetisch in alle Richtungen überschießend – die Freuden und die Dämonen eines jungen Mannes, der aufbricht, seinen Platz im Leben zu suchen, aber feststellen muss, dass die Welt nicht auf ihn gewartet hat. Kaum verhüllt autobiografisch erzählt Kamov von Rauscherfahrungen, sexuellem Erwachen, politischer und künstlerischer Bewusstwerdung und dem Aufbegehren gegen die erdrückende kleinbürgerliche Herkunft. Aber in seinem Hals ist ein Fremdkörper, ein Geschwür, das seinem Leben ein jähes Ende setzen will.

Freitag, 22. März 2024, 11.00 Uhr, TRADUKI Kafana (Halle 4, D403)
Von Rosen und Schönheit. Ungarische Stimmen aus Serbien
Mit: Zoltán Danyi, László Végel
Moderation: Eric Marr
Der verstorbene serbische Schriftsteller Aleksandar Tišma (1924–2003) zählt zu den bedeutsamsten Chronisten der Vojvodina, jener Region Serbiens, in der auch Ungarisch gesprochen wird. In Leipzig stellen sich nun zwei zentrale zeitgenössische Stimmen der ungarischen Minderheit Serbiens vor: Zoltán Danyi mit seinem Buch „Rosenroman (Ü: Terézia Mora, Suhrkamp) und Laszlo Végel mit dem Roman „Balkanschönheit oder Schlemihls Bastard“ (Ü: Christina Kunze, Wieser). Die Protagonisten beider Werke interpretieren und analysieren auf ihre Art und Weise die Vergangenheit und Gegenwart dieser Region und ihre je eigene von Kriegen und Krankheiten gebeutelte Existenz. Und trotz allem: manchmal blitzt unverhofft auch ein Strahl blendender Schönheit durch.

Freitag, 22. März 2024, 14.00 Uhr, Café Europa (Halle 4, E401/E403)
Feminismus in Südosteuropa. Ein prominenter Diskurs mit starken Exponentinnen
Mit: Irena Cvetkovic, Antonela Marušić, Lea Vajsova
Moderation: Vedran Džihić
Wer an den Balkan denkt, verbindet diesen oft eher mit patriarchalen Strukturen als mit einem prononcierten feministischen Diskurs. Zu Recht? Was ist geblieben von der Gleichberechtigung aus den Zeiten des Sozialismus und Kommunismus? Was ist daran Fakt? Was Fiktion? Und wie verhält sich der Feminismus vor Ort zu LGBTQIA+-? Drei engagierte Stimmen aus Südosteuropa analysieren und diskutieren.

Freitag, 22. März 2024, 16.00 Uhr, TRADUKI Kafana (Halle 4, D403)
Die Welt und alles, was sie enthält. Von Beschützern und Liebhabern
Mit: Aleksandar Hemon
Moderation: Amir Kamber
Als Erzherzog Franz Ferdinand an einem Junitag des Jahres 1914 in Sarajevo eintrifft, ist Rafael Pinto damit beschäftigt, hinter dem Tresen der Apotheke, die er von seinem Vater geerbt hat, Kräuter zu zerkleinern. Es ist nicht ganz das Leben, das er sich während seiner Studententage im libertären Wien vorgestellt hatte, aber es ist nichts, was ein Schuss Laudanum, ein Spaziergang und Tagträumereien nicht in Wohlgefallen auflösen könnten. Und dann explodiert die Welt. Eine Veranstaltung zu Aleksandar Hemons lang erwartetem neuen Roman „Die Welt und alles, was sie enthält“ (Ü: Henning Ahrens, Claassen).

Samstag, 23. März 2024, 20.00 Uhr, UT Connewitz
Balkannacht. Literatur und Musik im UT Connewitz
Mit: Alexandru Bulucz, Rene Karabash, Nataša Kramberger, Barbi Marković, Bojan Savić Ostojić
Moderation: Amir Kamber und Vivian Perkovic
Musik: Sara Renar
Was wäre das TRADUKI-Programm ohne die berühmt-berüchtigte Balkannacht? Auch dieses Jahr ist für jeden etwas dabei: Natur pur bringt die Autorin und Landwirtin Nataša Kramberger mit ihrem Romanessay „Mauerpfeffer“ (Ü: Liza Linde, Verbrecher) auf die Bühne. Wem egal ist, wo der Pfeffer wächst, der oder die kann mit Bojan Savić Ostojić in „Nichts gehört niemandem“ (Ü: Mascha Dabić, eta) über die Belgrader Flohmärke bummeln und neue (alte) Literatur entdecken. An der Seite von Rene Karabash entfalten sich die Geschichten der albanischen Schwurjungrauen: Frauen, die als Männer leben, und Barbi Markovićs „Minihorror“ (Residenz) folgt Mini und Miki, die an ihrer nullachtfünfzig Existenz zerbrechen, obwohl sie ja eigentlich alles richtig machen. Oder etwa doch nicht? Poetisch und gar nicht hölzern gibt sich Alexandru Bulucz, der seinen Gedichtband „Stundenholz“ (Schöffling & Co.) präsentieren wird. Auch für Musik ist gesorgt: die kroatische Musikerin Sara Renar ist dieses Jahr mit von der Partie.

Außerdem finden auf der TRADUKI Kafana-Bühne (Halle 4, Stand D403) von Donnerstag bis Samstag mehr als 15 weitere Veranstaltungen statt, u.a. mit Tatiana Țîbuleac (Freitag, 12.00 Uhr), Suzana Tratnik (Samstag, 11.00 Uhr) und vielen anderen Autorinnen und Autoren aus Südosteuropa. Und auch am Sonntag, an dem es keine Veranstaltungen geben wird, ist das Publikum herzlich eingeladen, am TRADUKI-Stand vorbeizuschauen. Es gibt immer etwas zu entdecken!

Das gesamte Programm von Traduki gibt es unter https://traduki.eu/leipzig-2024/

Ansprechpartner

Felix Wisotzki
Portraitfotografie Felix Wisotzki
Pressesprecher
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